12.09.2014 17:58
[Interviews (deutsch)]
Interview mit Piranha Bytes auf der gamescom 2014
World of Risen: Wie in einigen Interviews anklang, stellt Risen 3 das Ende der Reihe dar. Wird nun ein neues Franchise kommen? Wenn ja, wer wird daran die Rechte halten?
Björn: Ich kann dazu nur sagen, daß unsere Zukunft noch nicht klar ist. Wir haben natürlich schon einige Visionen und probieren eine Menge aus, aber was es jetzt im Endeffekt sein wird, das können wir wirklich noch nicht sagen. Dazu ist es einfach zu früh. Wir sind ja gerade erst mit Risen 3 fertig. Und das Risen 3 das Ende der Geschichte sein soll … ich weiß gar nicht, wo das her kommt. Ich weiß nicht, haben wir das wirklich irgendwann einmal behauptet? Wir haben mit Risen ein Universum erschaffen, in dem wir uns als Entwickler sehr wohl gefühlt haben. In Teil 3 haben wir nun alle Sachen aus dem Risen-Universum zusammen gepackt und sind vom Ergebnis überzeugt. Aber was wir als Nächstes machen, das steht noch in den Sternen.
Jenny: Was wir gesagt haben war, daß wir diese Geschichte erzählen und sie ist dann auch abgeschlossen. Das heißt aber nicht, daß man das Universum deswegen zwangsweise schließen muß. Natürlich gibt es noch Fragen, die offen bleiben.
Harry: Puh, ich glaub, der Nasenbär war ich, der das vom Ende von Risen irgendwo rausgehauen hat.
World of Risen: Traditionell gibt es in PB-Spielen einen vorgefertigten Charakter, der namenlos und am Anfang auch eigenschaftslos ist. Der Spieler selbst füllt ihn im Laufe des Spiels mit Inhalten, die sich aus der Handlung ergeben. Einen vorgefertigten Charakter, der allen gefällt, bekommt natürlich kein Entwickler der Welt hin.
Björn: Wir haben in unseren Spielen immer die Geschichte von einem Helden erzählt, haben das Buch aufgeschlagen, haben gesagt, daß wir mit dem Charakter des Players spielen wollen und den eine entsprechende Geschichte durchlaufen lassen. Wenn man sich nun spiele anguckt, die eine Charaktergenerierung am Anfang haben, kommt dieser Charakter am Anfang sehr generisch daher. Das heißt, unser Player hat zum Beispiel eine eigene Stimme. Wenn man nun noch irgendein anderes Wesen oder eine Frau oder einen Gnom spielen könnte, dann müßte man zumindest die Sprachaufnahmen verdoppeln oder verdreifachen, je nachdem, was für einen Charakter man hat. Es gibt Spiele, die machen sowas, aber die setzen dann in dem Bereich auch sehr viel mehr Aufwand ein. Als nächstes müßten natürlich noch viele Dialoge im Spiel angepasst werden, nämlich wenn andere Charaktere abhängig von dessen Geschlecht oder Ethnie auf den Spieler reagieren.
Das gilt es auf der einen Seite zu bedenken.
World of Risen: Ich denke, oftmals fühlen sich weibliche Spieler von den meist männlichen Helden einfach unterrepräsentiert. Könnte man mit einer Charaktergenerierung durch den Spieler diese Probleme nicht vermeiden?
Björn: Jetzt kommen wir zu der wichtigeren Sache. Nämlich, daß wir eine spannende Geschichte erzählen wollen. Und das geht am besten, wenn wir einen bestimmten Charakter, den wir selber formen, entwickeln. Einen Charakter, der seinen eigenen Werdegang und seine eigenen Probleme hat. Das alles ist einfach besser zu entwickeln, wenn man sich auf einen einzelnen Charakter konzentriert.
Wir könnten uns schon vorstellen, wählbare Charaktere anzubieten, doch dann müßten wir unser Spielprinzip radikal ändern.
Jenny: Es hängt einfach von der Geschichte ab, ob der Charakter eine Frau ist oder ein Mann. Im Moment haben wir keinen weiblichen Charakter geplant. Denkbar ist das aber natürlich. Aber bisher haben wir uns immer für einen Charakter entschieden, der zufällig auch ein Mann war.
World of Risen: Aktuell ist Linux im Spielebereich sehr im Kommen. Ist das bei euch ein Thema, daß ihr eine Portierung auf Linux durchführen würdet? Woran hängt eine solche Entscheidung? Ist es eine reine Budgetfrage oder braucht der Markt dafür eine bestimmte Größe, die er eurer Meinung nach noch nicht erreicht hat? Zudem wird als Argument oft genannt, daß der Linux-Markt zwar kleiner sei, aber noch nicht so gesättigt, so daß sich auch kleinere Entwickler noch hervorheben können.
Björn: also für Linux, Mac und auch die neueste Konsolengeneration liegt ganz einfach kein Auftrag vor. Wir haben vor zweieinhalb Jahren angefangen, das Produkt zu entwickeln und damals haben wir gesagt: Es wird ein Spiel für PC, Xbox 360 und Playstation3. Das haben wir auch gemacht. Vorstellbar ist natürlich alles, aber dafür muß dann eben der entsprechende Auftrag kommen. Den Überblick über den Markt, über Absatzzahlen und Möglichkeiten hat ja eher der Publisher. Möglich machen könnten wir es, aber wie der Markt genau ist, das kann uns eher der Publisher sagen.
World of Risen: Man hört auch oft, daß ein Spiel, das OpenGL anstelle von DirectX nutzt, bereits zu 90% portiert sei. Oftmals werden zusätzlich von Microsoft die neuesten DirectX-Versionen für das neueste Betriebssystem als Kaufargument vorenthalten. Das schließt Spieler mit älteren windows-Versionen aus und dürfte auch nicht erfreulich für Entwickler sein, die ja möglichst alle Features ausnutzen wollen und diese auch jedem Spieler zur Verfügung stellen möchten. Wären das nicht Gründe, um auf OpenGL als Grafikschnittstelle zu wechseln?
Björn: OpenGL wäre, soweit ich weiß, eine ziemlich große Umstellung. Denkbar ist alles, aber das müßte man sich genau anschauen. Momentan ist ja eher DirectX die gängige Technik bei PC-Spielen. Aber in der Zukunft … wer weiß. Das kann man heute noch schlecht beurteilen. Da müssen wir einfach abwarten, wie sich der Markt entwickelt.
World of Risen: Ist denn damit zu rechnen, daß ihr bei zukünftigen Projekten auf die aktuelle Konsolengeneration umsteigen werdet?
Björn: Das ist für mich fast schon Pflicht, auf NextGen zu gehen. Keine Frage. Wenn wir jetzt wieder ein Projekt dieser Größenordnung – bei Risen 3 haben wir zweieinhalb Jahre gebraucht – starten, dann ist es ja klar, daß die aktuelle Konsolengeneration schon ein paar Jahre auf dem Markt ist und sich bis dahin weitgehend durchgesetzt hat. Auf diese Hardwarebasis zu verzichten, indem man das nächste Projekt für die Xbox one und die Playstation 4 nicht anbietet, ist eher unwahrscheinlich. Ich kann verraten, daß wir derzeit schon beim Research und Prototyping die neue Konsolenhardware beachten.
World of Risen: Wird es bei den einsamer-Wolf-RPG mit bestenfalls einem optionalen Begleiter bleiben, oder wird sich Piranha Bytes auch einmal an ein ausgewachsene Party-RPG heran wagen?
Björn: Bisher hat das unsere Geschichte, die wir in unseren Spielen erzählen wollten, nicht hergegeben. Aber na klar können wir uns grundsätzlich vorstellen, auch mal ein Party-RPG herauszubringen.
World of Risen: Ist eurer Meinung nach ein richtiges RPG eher der Sandbox-Typ oder viel mehr storybasierend? Oder sollte es eine Mischung aus beidem sein? Und wie findet man in diesem Fall die richtige Balance zwischen beiden Polen?
Jenny: Aus meiner Sicht ist das auf jeden Fall eine Mischung aus beidem. Die richtige Balance findet man durch das Pacing. Ein RPG, in dem ich möglichst viele Freiheiten habe, mich in jedwede Richtung zu entscheiden, ist natürlich attraktiver. Wenn ich zum Beispiel in einem Spiel einen Bereich habe, den ich entdecken kann und ich finde da unterschiedliche Sachen wie zum Beispiel NPC, die mir Quests geben, interessante Geschichten, Items, Crafting oder auch Rätsel, Schalterrätsel oder aber Monster, die ich töten kann, desto länger halte ich die Motivation eines Spielers aufrecht. Deswegen halte ich eine offene Welt ohne viel Angebot für genauso langweilig wie eine spannende Geschichte, in der ich mich aber gar nicht bewegen kann. Ich wünsche mir als Spieler etwas, das am besten so realistisch ist, wie möglich. Wir versuchen mit unseren Möglichkeiten, das weitestgehend abzudecken, sodaß ich mich als Spieler mit der Figur identifizieren kann, die größtmögliche Freiheit habe und die Story aber trotzdem spannend ist.
World of Risen: Was haltet ihr von dem aktuellen Retrotrend? Auf Plattformen wie Kickstarter riskieren Spieler manchmal Millionen von Dollar, um Spiele wie vor zehn oder 20 Jahren zu bekommen. Sollte die Branche aus diesem Trend eine Lehre ziehen? Gibt es etwas, daß ihr für euch daraus mitnehmen könnt?
Björn: Ich glaube, daß die aktuellen Spiele jetzt so eine Wandlung durchmachen. Und zwar gibt es Spiele, die sehr cineastisch daherkommen, dort werden sehr hohe Budgets ausgegeben, um sehr kinoreife Dinge auf dem Bildschirm zu zeigen. Aber das Gameplay an sich ist bei vielen Spielen dann doch weniger innovativ und stattdessen sehr generisch. Der Indiemarkt versucht dagegen, mit wenigen Mitteln, mit weniger Budget, spielerisch durch Gameplaydesign Innovationen zu erzeugen und neue Spielideen zu erschließen. In unserer Wahrnehmung laufen beide Modelle derzeit parallel. Das eine kann man mit Kickstartersachen sicher auch finanzieren, aber die großen, aufwendigen Titel natürlich nicht, denn dafür wäre einfach ein größeres Gudget notwendig. Im Moment ist es sehr spannend, zu beobachten, wie sich das alles weiter entwickelt. Wo es so richtig hingehen wird, weiß noch keiner so richtig. Da spielen auch Entwicklungen wie Free2Play und Micropayment mit hinein. Einige Sachen funktionieren, andere funktionieren nicht. Selbst große Titel, die mit so einem Modell an den Start gegangen sind, haben nicht die Absatzzahlen erreichen können, die geplant waren. Aus meiner Sicht ist es im Moment Kaffeesatzleserei, wohin sich das entwickelt.
World of Risen: Welche Sachen dürfen eurer Meinung nach in keinem Piranha-Bytes-Spiel fehlen – abgesehen von den oft bemühten Schlagworten Ruhrpottfantasy und raue Sprache?
Björn: Key-Features von Piranha Bytes sind auf jeden Fall Open-World-Szenario und die freie Wahl der Gilde. Außerdem ist das Learning by doing ein Punkt, also die Vorgabe, daß der Spieler sich alles, was er erreichen will, selbst erarbeiten muß. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, daß die komplette Welt von Hand gebaut ist. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Freiheit der Welt: Der Spieler kann überall hingehen und auch schon am Anfang in schwere Gebiete vordringen kann, ohne durch künstliche Barrieren aufgehalten zu werden. Er bekommt dann eben etwas auf die Mütze, wenn er noch nicht stark genug ist. Für wichtig halte ich auch, daß unsere Welt sehr lebendig daher kommt, daß alle Charaktere ihre eigene Geschichte haben, ihr eigenes Leben und sehr glaubwürdig in die Welt eingebettet sind.
Jenny: Gegner leveln nicht mit, wir verwenden in unseren Spielen also kein Levelscaling.
Björn: Richtig, das bedeutet, daß sich ein zu schwacher Spieler eben bei für ihn zu starken Gegnern irgendwie durchkämpfen muß, wenn er diese denn unbedingt jetzt schon besiegen will. Weitere Punkte sind die Vielseitigkeit und daß der Spannungsbogen sehr hoch gehalten wird. Egal, in welche Ecke der Welt man geht, es gibt immer einen NPC, der dem Spieler die Welt erklärt und dieser mit hoher Immersion wird er in die Welt hineingezogen. Und nicht zuletzt toller Sound.
World of Risen: Was ist in euren Augen die größte Stärke von Risen 3. Auf welche Inhalte seid ihr besonders stolz?
Jenny: Das vielleicht wichtigste an der Stelle, worauf wir uns sehr konzentriert haben, ist dieses teilweise lineare, was in Risen 2 dominant war. Das wollten wir in Risen 3 wieder brechen, zurückfahren. Dort haben wir angesetzt und sind mit der Prämisse, daß es so nicht gut genug war, sich nicht richtig angefühlt hat, an Risen 3 herangegangen. Wir wollten es wieder viel freier machen: Du spielst das Tutorial und hast direkt danach die freie Entscheidung, irgendwo hinzufahren, irgendwo anzufangen, dir die Gilden alle anzugucken und das auch konsequent durchzuziehen. Also die komplette Welt wieder größer und offener zu machen, war das Hauptziel. Natürlich muß die große Welt dann auch entsprechend mit Inhalten befüllt werden. Außerdem hat sich das Story-Team – und du hast uns ja hier alle versammelt sitzen – Gedanken darüber gemacht, wie wir das Ganze denn spannender gestalten können. Mehr Twists und Turns in die Hauptstory zu bringen und das jede Location nicht einfach nur anders aussieht. In Risen 2 hat das Tropensetting ja vielen nicht gefallen. Jetzt haben wir sehr viel mehr nördliche Gebiete, die rauer sind, Laubwald und derartiges. Und die einzelnen Gebiete mit ihren Gilden haben nun auch unterschiedliche Probleme. Also nicht nur die Schergen, sondern jede Insel hat ihr eigenes Thema, das du spielen kannst und wenn du woanders hin fährst, hast du ein anderes. Das sind die Sachen, auf die sich das Story-Team hauptsächlich konzentriert hat.
World of Risen: Gibt es auch Inhalte, die ihr aus Zeit- oder Budgetgründen nicht umsetzen konntet, die ihr aber gerne im Spiel gehabt hättet?
Björn: Na klar, so etwas gibt’s immer. (Lacht und schweigt.)
World of Risen: Früher hieß es hin und wieder, daß ihr unbedingt eine eigene Engine benötigt, weil nur durch eine Eigenentwicklung all die komplexen Sachen, die ihr in euren spielen unterbringen wollt, möglich sind. Mittlerweile gibt es ja durch die immer stärkere Professionalisierung der Branche sehr viele kommerzielle Engines, die auch sehr viele Features unterstützen. Darunter auch viele Sachen, die man aus der Gothic- und der Risen-Serie kennt. Dazu gehören moderne Grafikfeatures, Support für verschiedene Plattformen, Unterstützung anderer Betriebssysteme. Unity, Source, Frostbite, Unreal, CryEngine … Viele Studios, selbst große, verzichten inzwischen oftmals auf den Luxus einer eigenen Engine.
Ist das für euch in Zukunft auch eine Möglichkeit, eine fremde Engine zu lizenzieren oder haltet ihr weiterhin an Eigenentwicklungen fest?
Björn: Wir haben nicht das Gefühl, daß wir uns verbessern würden, wenn wir eine andere Engine nutzen würden. Wir sind ein eingespieltes Team und kennen uns mit unserer Technik gut aus. Nur weil du irgendeine Engine hast, heißt das ja nicht, daß die Grafik dann auch toll wird. Wir haben uns mit unserer Eigenentwicklung immer sehr wohl gefühlt. Wir haben die grafischen Ansprüche in unserem Rahmen immer so umgesetzt, daß wir damit zufrieden und auch konkurrenzfähig waren. Und wenn wir eine Umstellung auf eine andere Engine beschließen, würde das bedeuten, daß wir uns mindestens ein Jahr mit der Umstellung beschäftigen müßten, bis wir wieder alles so haben, wie wir es im Moment haben. Das heißt, da müßte dann vieles doppelt gemacht werden. Spiele, die mit einer neuen Engine erstellt werden, müssen immer durch dieses Tal, die Entwickler müssen dort immer bei null anfangen und eigene Sachen komplett neu in eine neue Engine integrieren. Ob das jetzt Story-Erstellungs-Tools sind, oder Tools zur Erstellung von Assets. Die gibt es zwar, aber die müßten dann trotzdem erst einmal auf unsere Bedürfnisse umgeschrieben und angepasst werden. Bei vielen Sachen sehen wir die Notwendigkeit nicht, diese Umstellung durchzuführen. Deshalb haben wir bisher immer davon abgesehen. Aber was in der Zukunft passiert, wissen wir natürlich auch nicht. Jedoch geht die Tendenz bei uns eher dahin, daß wir das, was wir uns im Laufe der Jahre erarbeitet haben, auch weiterhin zu erhalten und zu pflegen.
World of Risen: Die Inkonsistenzen und mehrfachen Stilwechsel innerhalb der Risen-Serie wurden von Fans, die jedes Spiel verfolgt haben, teilweise sehr kritisiert. Denkt ihr, daß das ein Problem ist, an dem gearbeitet werden muß? Ist bei einer neuen Serie ein Universum mit vorn herein festen Eckdaten geplant, von denen man bei jedem Spiel ausgeht, um Inkonsistenzen zu vermeiden oder ist das eher kein Schwerpunkt der Entwicklungsarbeit?
Björn: Wir haben bei der Erfindung des Risen-Universums vor allem darauf geachtet, daß die Welt gut gefüllt und die erzählte Geschichte immer spannend ist. Es kommt natürlich gelegentlich vor, daß ein Fehler darin enthalten ist, aber im Grunde haben wir bei Risen 3 die komplette Welt in den Fokus genommen, die beiden Vorgänger genau untersucht. Wir haben die Dinge, die dort wichtig waren und von den Fans gut aufgenommen worden waren, wieder hervorgeholt und geschaut, ob es dort offene Fragen gibt, die in den Vorgängerspielen noch nicht beantwortet wurden. Und wenn das der Fall war, haben wir versucht, dies in Risen 3 aufzugreifen und zu einem befriedigenden Ende zu führen. Wir haben sehr viele Hintergrundinformationen in Bücher verpackt, wir haben sehr viele Charaktere aus der Vergangenheit wieder vorkommen lassen. Wir müssen natürlich auch immer auf Spieler achten, die neu hinzukommen und die vorherigen Teile nicht kennen. Die dürfen sich nicht mit Informationen, mit denen sie nichts anfangen können, überladen fühlen. Darum haben wir mit Risen 3 eine Mischung aus Verweisen zu alten Spielen und neuen Dingen erstellt. Wir hoffen, daß damit möglichst viele Spieler zufrieden sind und nicht nur eine Teilgruppe.
Jenny: Darüber hinaus glaube ich, daß wir allein durch bessere Dokumentation in neueren Spielen eher erreichen können, Kontinuitätsfehler zu vermeiden, als uns das in der Vergangenheit gelungen ist. Zu Gothic-Zeiten haben wir noch ziemlich chaotisch gearbeitet, und vielerlei Dokumentation existiert zum Beispiel gar nicht. Während der letzten drei Risen-Teile haben wir uns zumindest in dieser Hinsicht stark verbessert. Die beste Dokumentation ist aktuell für Risen 3 vorhanden. Im Moment verwenden wir zum Beispiel ein eigenes Wiki, wo jeder alle Infos zur Welt aufschreiben kann und andere dies nachlesen können, um einen Abgleich zu schaffen. In früheren spielen gab es das noch nicht. Da hatte irgendjemand etwas auf seinen Handzettel geschrieben und wenn man den später wieder findet, hat man Glück und wenn man ihn nicht findet, dann ist das eben Pech gewesen. Darum bin ich mittlerweile sehr guter Dinge, daß wir in Zukunft befriedigend arbeiten können.
World of Risen: Gibt es für das neue Projekt schon bestimmte Settings, die ihr bevorzugt oder ist dort noch alles offen?
Jenny: Also wir haben jede Menge Ideen in alle Richtungen, aber da gibt es noch nichts Festes.
World of Risen: Könntet ihr euch vorstellen, auch ein fremdes Franchise zu lizenzieren. Sei es ein bestehendes Pen&Paper-Regelwerk oder etwas anderes, um dann daraus ein Rollenspiel zu entwickeln? Oder möchtet ihr lieber eigene Welten erschaffen, die euch kein vorgegebenes Regelkorsett überstreifen?
Björn: Schwieriges Thema. Was soll man da sagen, ohne daß es falsch verstanden wird? Sagen wir mal so: Man kann es nicht ausschließen, geplant ist derzeit aber nichts in dieser Hinsicht.
Björn: Ich kann dazu nur sagen, daß unsere Zukunft noch nicht klar ist. Wir haben natürlich schon einige Visionen und probieren eine Menge aus, aber was es jetzt im Endeffekt sein wird, das können wir wirklich noch nicht sagen. Dazu ist es einfach zu früh. Wir sind ja gerade erst mit Risen 3 fertig. Und das Risen 3 das Ende der Geschichte sein soll … ich weiß gar nicht, wo das her kommt. Ich weiß nicht, haben wir das wirklich irgendwann einmal behauptet? Wir haben mit Risen ein Universum erschaffen, in dem wir uns als Entwickler sehr wohl gefühlt haben. In Teil 3 haben wir nun alle Sachen aus dem Risen-Universum zusammen gepackt und sind vom Ergebnis überzeugt. Aber was wir als Nächstes machen, das steht noch in den Sternen.
Jenny: Was wir gesagt haben war, daß wir diese Geschichte erzählen und sie ist dann auch abgeschlossen. Das heißt aber nicht, daß man das Universum deswegen zwangsweise schließen muß. Natürlich gibt es noch Fragen, die offen bleiben.
Harry: Puh, ich glaub, der Nasenbär war ich, der das vom Ende von Risen irgendwo rausgehauen hat.
World of Risen: Traditionell gibt es in PB-Spielen einen vorgefertigten Charakter, der namenlos und am Anfang auch eigenschaftslos ist. Der Spieler selbst füllt ihn im Laufe des Spiels mit Inhalten, die sich aus der Handlung ergeben. Einen vorgefertigten Charakter, der allen gefällt, bekommt natürlich kein Entwickler der Welt hin.
Björn: Wir haben in unseren Spielen immer die Geschichte von einem Helden erzählt, haben das Buch aufgeschlagen, haben gesagt, daß wir mit dem Charakter des Players spielen wollen und den eine entsprechende Geschichte durchlaufen lassen. Wenn man sich nun spiele anguckt, die eine Charaktergenerierung am Anfang haben, kommt dieser Charakter am Anfang sehr generisch daher. Das heißt, unser Player hat zum Beispiel eine eigene Stimme. Wenn man nun noch irgendein anderes Wesen oder eine Frau oder einen Gnom spielen könnte, dann müßte man zumindest die Sprachaufnahmen verdoppeln oder verdreifachen, je nachdem, was für einen Charakter man hat. Es gibt Spiele, die machen sowas, aber die setzen dann in dem Bereich auch sehr viel mehr Aufwand ein. Als nächstes müßten natürlich noch viele Dialoge im Spiel angepasst werden, nämlich wenn andere Charaktere abhängig von dessen Geschlecht oder Ethnie auf den Spieler reagieren.
Das gilt es auf der einen Seite zu bedenken.
World of Risen: Ich denke, oftmals fühlen sich weibliche Spieler von den meist männlichen Helden einfach unterrepräsentiert. Könnte man mit einer Charaktergenerierung durch den Spieler diese Probleme nicht vermeiden?
Björn: Jetzt kommen wir zu der wichtigeren Sache. Nämlich, daß wir eine spannende Geschichte erzählen wollen. Und das geht am besten, wenn wir einen bestimmten Charakter, den wir selber formen, entwickeln. Einen Charakter, der seinen eigenen Werdegang und seine eigenen Probleme hat. Das alles ist einfach besser zu entwickeln, wenn man sich auf einen einzelnen Charakter konzentriert.
Wir könnten uns schon vorstellen, wählbare Charaktere anzubieten, doch dann müßten wir unser Spielprinzip radikal ändern.
Jenny: Es hängt einfach von der Geschichte ab, ob der Charakter eine Frau ist oder ein Mann. Im Moment haben wir keinen weiblichen Charakter geplant. Denkbar ist das aber natürlich. Aber bisher haben wir uns immer für einen Charakter entschieden, der zufällig auch ein Mann war.
World of Risen: Aktuell ist Linux im Spielebereich sehr im Kommen. Ist das bei euch ein Thema, daß ihr eine Portierung auf Linux durchführen würdet? Woran hängt eine solche Entscheidung? Ist es eine reine Budgetfrage oder braucht der Markt dafür eine bestimmte Größe, die er eurer Meinung nach noch nicht erreicht hat? Zudem wird als Argument oft genannt, daß der Linux-Markt zwar kleiner sei, aber noch nicht so gesättigt, so daß sich auch kleinere Entwickler noch hervorheben können.
Björn: also für Linux, Mac und auch die neueste Konsolengeneration liegt ganz einfach kein Auftrag vor. Wir haben vor zweieinhalb Jahren angefangen, das Produkt zu entwickeln und damals haben wir gesagt: Es wird ein Spiel für PC, Xbox 360 und Playstation3. Das haben wir auch gemacht. Vorstellbar ist natürlich alles, aber dafür muß dann eben der entsprechende Auftrag kommen. Den Überblick über den Markt, über Absatzzahlen und Möglichkeiten hat ja eher der Publisher. Möglich machen könnten wir es, aber wie der Markt genau ist, das kann uns eher der Publisher sagen.
World of Risen: Man hört auch oft, daß ein Spiel, das OpenGL anstelle von DirectX nutzt, bereits zu 90% portiert sei. Oftmals werden zusätzlich von Microsoft die neuesten DirectX-Versionen für das neueste Betriebssystem als Kaufargument vorenthalten. Das schließt Spieler mit älteren windows-Versionen aus und dürfte auch nicht erfreulich für Entwickler sein, die ja möglichst alle Features ausnutzen wollen und diese auch jedem Spieler zur Verfügung stellen möchten. Wären das nicht Gründe, um auf OpenGL als Grafikschnittstelle zu wechseln?
Björn: OpenGL wäre, soweit ich weiß, eine ziemlich große Umstellung. Denkbar ist alles, aber das müßte man sich genau anschauen. Momentan ist ja eher DirectX die gängige Technik bei PC-Spielen. Aber in der Zukunft … wer weiß. Das kann man heute noch schlecht beurteilen. Da müssen wir einfach abwarten, wie sich der Markt entwickelt.
World of Risen: Ist denn damit zu rechnen, daß ihr bei zukünftigen Projekten auf die aktuelle Konsolengeneration umsteigen werdet?
Björn: Das ist für mich fast schon Pflicht, auf NextGen zu gehen. Keine Frage. Wenn wir jetzt wieder ein Projekt dieser Größenordnung – bei Risen 3 haben wir zweieinhalb Jahre gebraucht – starten, dann ist es ja klar, daß die aktuelle Konsolengeneration schon ein paar Jahre auf dem Markt ist und sich bis dahin weitgehend durchgesetzt hat. Auf diese Hardwarebasis zu verzichten, indem man das nächste Projekt für die Xbox one und die Playstation 4 nicht anbietet, ist eher unwahrscheinlich. Ich kann verraten, daß wir derzeit schon beim Research und Prototyping die neue Konsolenhardware beachten.
World of Risen: Wird es bei den einsamer-Wolf-RPG mit bestenfalls einem optionalen Begleiter bleiben, oder wird sich Piranha Bytes auch einmal an ein ausgewachsene Party-RPG heran wagen?
Björn: Bisher hat das unsere Geschichte, die wir in unseren Spielen erzählen wollten, nicht hergegeben. Aber na klar können wir uns grundsätzlich vorstellen, auch mal ein Party-RPG herauszubringen.
World of Risen: Ist eurer Meinung nach ein richtiges RPG eher der Sandbox-Typ oder viel mehr storybasierend? Oder sollte es eine Mischung aus beidem sein? Und wie findet man in diesem Fall die richtige Balance zwischen beiden Polen?
Jenny: Aus meiner Sicht ist das auf jeden Fall eine Mischung aus beidem. Die richtige Balance findet man durch das Pacing. Ein RPG, in dem ich möglichst viele Freiheiten habe, mich in jedwede Richtung zu entscheiden, ist natürlich attraktiver. Wenn ich zum Beispiel in einem Spiel einen Bereich habe, den ich entdecken kann und ich finde da unterschiedliche Sachen wie zum Beispiel NPC, die mir Quests geben, interessante Geschichten, Items, Crafting oder auch Rätsel, Schalterrätsel oder aber Monster, die ich töten kann, desto länger halte ich die Motivation eines Spielers aufrecht. Deswegen halte ich eine offene Welt ohne viel Angebot für genauso langweilig wie eine spannende Geschichte, in der ich mich aber gar nicht bewegen kann. Ich wünsche mir als Spieler etwas, das am besten so realistisch ist, wie möglich. Wir versuchen mit unseren Möglichkeiten, das weitestgehend abzudecken, sodaß ich mich als Spieler mit der Figur identifizieren kann, die größtmögliche Freiheit habe und die Story aber trotzdem spannend ist.
World of Risen: Was haltet ihr von dem aktuellen Retrotrend? Auf Plattformen wie Kickstarter riskieren Spieler manchmal Millionen von Dollar, um Spiele wie vor zehn oder 20 Jahren zu bekommen. Sollte die Branche aus diesem Trend eine Lehre ziehen? Gibt es etwas, daß ihr für euch daraus mitnehmen könnt?
Björn: Ich glaube, daß die aktuellen Spiele jetzt so eine Wandlung durchmachen. Und zwar gibt es Spiele, die sehr cineastisch daherkommen, dort werden sehr hohe Budgets ausgegeben, um sehr kinoreife Dinge auf dem Bildschirm zu zeigen. Aber das Gameplay an sich ist bei vielen Spielen dann doch weniger innovativ und stattdessen sehr generisch. Der Indiemarkt versucht dagegen, mit wenigen Mitteln, mit weniger Budget, spielerisch durch Gameplaydesign Innovationen zu erzeugen und neue Spielideen zu erschließen. In unserer Wahrnehmung laufen beide Modelle derzeit parallel. Das eine kann man mit Kickstartersachen sicher auch finanzieren, aber die großen, aufwendigen Titel natürlich nicht, denn dafür wäre einfach ein größeres Gudget notwendig. Im Moment ist es sehr spannend, zu beobachten, wie sich das alles weiter entwickelt. Wo es so richtig hingehen wird, weiß noch keiner so richtig. Da spielen auch Entwicklungen wie Free2Play und Micropayment mit hinein. Einige Sachen funktionieren, andere funktionieren nicht. Selbst große Titel, die mit so einem Modell an den Start gegangen sind, haben nicht die Absatzzahlen erreichen können, die geplant waren. Aus meiner Sicht ist es im Moment Kaffeesatzleserei, wohin sich das entwickelt.
World of Risen: Welche Sachen dürfen eurer Meinung nach in keinem Piranha-Bytes-Spiel fehlen – abgesehen von den oft bemühten Schlagworten Ruhrpottfantasy und raue Sprache?
Björn: Key-Features von Piranha Bytes sind auf jeden Fall Open-World-Szenario und die freie Wahl der Gilde. Außerdem ist das Learning by doing ein Punkt, also die Vorgabe, daß der Spieler sich alles, was er erreichen will, selbst erarbeiten muß. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, daß die komplette Welt von Hand gebaut ist. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Freiheit der Welt: Der Spieler kann überall hingehen und auch schon am Anfang in schwere Gebiete vordringen kann, ohne durch künstliche Barrieren aufgehalten zu werden. Er bekommt dann eben etwas auf die Mütze, wenn er noch nicht stark genug ist. Für wichtig halte ich auch, daß unsere Welt sehr lebendig daher kommt, daß alle Charaktere ihre eigene Geschichte haben, ihr eigenes Leben und sehr glaubwürdig in die Welt eingebettet sind.
Jenny: Gegner leveln nicht mit, wir verwenden in unseren Spielen also kein Levelscaling.
Björn: Richtig, das bedeutet, daß sich ein zu schwacher Spieler eben bei für ihn zu starken Gegnern irgendwie durchkämpfen muß, wenn er diese denn unbedingt jetzt schon besiegen will. Weitere Punkte sind die Vielseitigkeit und daß der Spannungsbogen sehr hoch gehalten wird. Egal, in welche Ecke der Welt man geht, es gibt immer einen NPC, der dem Spieler die Welt erklärt und dieser mit hoher Immersion wird er in die Welt hineingezogen. Und nicht zuletzt toller Sound.
World of Risen: Was ist in euren Augen die größte Stärke von Risen 3. Auf welche Inhalte seid ihr besonders stolz?
Jenny: Das vielleicht wichtigste an der Stelle, worauf wir uns sehr konzentriert haben, ist dieses teilweise lineare, was in Risen 2 dominant war. Das wollten wir in Risen 3 wieder brechen, zurückfahren. Dort haben wir angesetzt und sind mit der Prämisse, daß es so nicht gut genug war, sich nicht richtig angefühlt hat, an Risen 3 herangegangen. Wir wollten es wieder viel freier machen: Du spielst das Tutorial und hast direkt danach die freie Entscheidung, irgendwo hinzufahren, irgendwo anzufangen, dir die Gilden alle anzugucken und das auch konsequent durchzuziehen. Also die komplette Welt wieder größer und offener zu machen, war das Hauptziel. Natürlich muß die große Welt dann auch entsprechend mit Inhalten befüllt werden. Außerdem hat sich das Story-Team – und du hast uns ja hier alle versammelt sitzen – Gedanken darüber gemacht, wie wir das Ganze denn spannender gestalten können. Mehr Twists und Turns in die Hauptstory zu bringen und das jede Location nicht einfach nur anders aussieht. In Risen 2 hat das Tropensetting ja vielen nicht gefallen. Jetzt haben wir sehr viel mehr nördliche Gebiete, die rauer sind, Laubwald und derartiges. Und die einzelnen Gebiete mit ihren Gilden haben nun auch unterschiedliche Probleme. Also nicht nur die Schergen, sondern jede Insel hat ihr eigenes Thema, das du spielen kannst und wenn du woanders hin fährst, hast du ein anderes. Das sind die Sachen, auf die sich das Story-Team hauptsächlich konzentriert hat.
World of Risen: Gibt es auch Inhalte, die ihr aus Zeit- oder Budgetgründen nicht umsetzen konntet, die ihr aber gerne im Spiel gehabt hättet?
Björn: Na klar, so etwas gibt’s immer. (Lacht und schweigt.)
World of Risen: Früher hieß es hin und wieder, daß ihr unbedingt eine eigene Engine benötigt, weil nur durch eine Eigenentwicklung all die komplexen Sachen, die ihr in euren spielen unterbringen wollt, möglich sind. Mittlerweile gibt es ja durch die immer stärkere Professionalisierung der Branche sehr viele kommerzielle Engines, die auch sehr viele Features unterstützen. Darunter auch viele Sachen, die man aus der Gothic- und der Risen-Serie kennt. Dazu gehören moderne Grafikfeatures, Support für verschiedene Plattformen, Unterstützung anderer Betriebssysteme. Unity, Source, Frostbite, Unreal, CryEngine … Viele Studios, selbst große, verzichten inzwischen oftmals auf den Luxus einer eigenen Engine.
Ist das für euch in Zukunft auch eine Möglichkeit, eine fremde Engine zu lizenzieren oder haltet ihr weiterhin an Eigenentwicklungen fest?
Björn: Wir haben nicht das Gefühl, daß wir uns verbessern würden, wenn wir eine andere Engine nutzen würden. Wir sind ein eingespieltes Team und kennen uns mit unserer Technik gut aus. Nur weil du irgendeine Engine hast, heißt das ja nicht, daß die Grafik dann auch toll wird. Wir haben uns mit unserer Eigenentwicklung immer sehr wohl gefühlt. Wir haben die grafischen Ansprüche in unserem Rahmen immer so umgesetzt, daß wir damit zufrieden und auch konkurrenzfähig waren. Und wenn wir eine Umstellung auf eine andere Engine beschließen, würde das bedeuten, daß wir uns mindestens ein Jahr mit der Umstellung beschäftigen müßten, bis wir wieder alles so haben, wie wir es im Moment haben. Das heißt, da müßte dann vieles doppelt gemacht werden. Spiele, die mit einer neuen Engine erstellt werden, müssen immer durch dieses Tal, die Entwickler müssen dort immer bei null anfangen und eigene Sachen komplett neu in eine neue Engine integrieren. Ob das jetzt Story-Erstellungs-Tools sind, oder Tools zur Erstellung von Assets. Die gibt es zwar, aber die müßten dann trotzdem erst einmal auf unsere Bedürfnisse umgeschrieben und angepasst werden. Bei vielen Sachen sehen wir die Notwendigkeit nicht, diese Umstellung durchzuführen. Deshalb haben wir bisher immer davon abgesehen. Aber was in der Zukunft passiert, wissen wir natürlich auch nicht. Jedoch geht die Tendenz bei uns eher dahin, daß wir das, was wir uns im Laufe der Jahre erarbeitet haben, auch weiterhin zu erhalten und zu pflegen.
World of Risen: Die Inkonsistenzen und mehrfachen Stilwechsel innerhalb der Risen-Serie wurden von Fans, die jedes Spiel verfolgt haben, teilweise sehr kritisiert. Denkt ihr, daß das ein Problem ist, an dem gearbeitet werden muß? Ist bei einer neuen Serie ein Universum mit vorn herein festen Eckdaten geplant, von denen man bei jedem Spiel ausgeht, um Inkonsistenzen zu vermeiden oder ist das eher kein Schwerpunkt der Entwicklungsarbeit?
Björn: Wir haben bei der Erfindung des Risen-Universums vor allem darauf geachtet, daß die Welt gut gefüllt und die erzählte Geschichte immer spannend ist. Es kommt natürlich gelegentlich vor, daß ein Fehler darin enthalten ist, aber im Grunde haben wir bei Risen 3 die komplette Welt in den Fokus genommen, die beiden Vorgänger genau untersucht. Wir haben die Dinge, die dort wichtig waren und von den Fans gut aufgenommen worden waren, wieder hervorgeholt und geschaut, ob es dort offene Fragen gibt, die in den Vorgängerspielen noch nicht beantwortet wurden. Und wenn das der Fall war, haben wir versucht, dies in Risen 3 aufzugreifen und zu einem befriedigenden Ende zu führen. Wir haben sehr viele Hintergrundinformationen in Bücher verpackt, wir haben sehr viele Charaktere aus der Vergangenheit wieder vorkommen lassen. Wir müssen natürlich auch immer auf Spieler achten, die neu hinzukommen und die vorherigen Teile nicht kennen. Die dürfen sich nicht mit Informationen, mit denen sie nichts anfangen können, überladen fühlen. Darum haben wir mit Risen 3 eine Mischung aus Verweisen zu alten Spielen und neuen Dingen erstellt. Wir hoffen, daß damit möglichst viele Spieler zufrieden sind und nicht nur eine Teilgruppe.
Jenny: Darüber hinaus glaube ich, daß wir allein durch bessere Dokumentation in neueren Spielen eher erreichen können, Kontinuitätsfehler zu vermeiden, als uns das in der Vergangenheit gelungen ist. Zu Gothic-Zeiten haben wir noch ziemlich chaotisch gearbeitet, und vielerlei Dokumentation existiert zum Beispiel gar nicht. Während der letzten drei Risen-Teile haben wir uns zumindest in dieser Hinsicht stark verbessert. Die beste Dokumentation ist aktuell für Risen 3 vorhanden. Im Moment verwenden wir zum Beispiel ein eigenes Wiki, wo jeder alle Infos zur Welt aufschreiben kann und andere dies nachlesen können, um einen Abgleich zu schaffen. In früheren spielen gab es das noch nicht. Da hatte irgendjemand etwas auf seinen Handzettel geschrieben und wenn man den später wieder findet, hat man Glück und wenn man ihn nicht findet, dann ist das eben Pech gewesen. Darum bin ich mittlerweile sehr guter Dinge, daß wir in Zukunft befriedigend arbeiten können.
World of Risen: Gibt es für das neue Projekt schon bestimmte Settings, die ihr bevorzugt oder ist dort noch alles offen?
Jenny: Also wir haben jede Menge Ideen in alle Richtungen, aber da gibt es noch nichts Festes.
World of Risen: Könntet ihr euch vorstellen, auch ein fremdes Franchise zu lizenzieren. Sei es ein bestehendes Pen&Paper-Regelwerk oder etwas anderes, um dann daraus ein Rollenspiel zu entwickeln? Oder möchtet ihr lieber eigene Welten erschaffen, die euch kein vorgegebenes Regelkorsett überstreifen?
Björn: Schwieriges Thema. Was soll man da sagen, ohne daß es falsch verstanden wird? Sagen wir mal so: Man kann es nicht ausschließen, geplant ist derzeit aber nichts in dieser Hinsicht.