Kleine Geschichten über kleine Diebe mit Taschen - Blinding Agony - (29/60)
"Wo bist du?", rief der Kleinere der beiden mit gedämpfter Stimme. Keine Antwort, nur der Regen, der mit aller Kraft gegen die vielen Fenstergläser brasselte, als wolle er sie bersten. Es herrschte völlige Dunkelheit. Das Licht des Mondes hatte keine Chance gegen die gewaltigen Berge schwarzer Regenwolken. Doch das war für ihn kein Problem. Er war ein Gnom und Gnome können bekanntermaßen gut im Dunkeln sehen. Mit pochendem Herz schlich er zu einer Tür am Ende des kurzen Ganges und drückte ganz sachte die Klinke hinunter. Abgeschlossen. "Wohin willst du?", erklang eine Stimme in seinem Nacken. Sein ganzer Körper zuckte zusammen. "He, lass diesen Mist." Der Größere grinste breit. "Wir gehen dort hinein. Hinter abgeschlossen Türen findet man immer was wertvolles." Er griff in seine Hängetasche aus Leder und holte einen kleinen Knochen hervor. Vorsichtig führte er den selbstgemachten Dietrich in das Schlüsselloch. "Als ob das etwas bringen würde", sagte er mehr zu sich selbst. Ein paar Drehungen nach rechts, ein paar nach links, ein leises klicken und schon war die Tür offen. Sein Schatten fiel in das kleine Zimmer. Aber. Momentmal. Draußen war es dunkel! "Dreckige, kleine Gnome!", dröhnte eine laute Männerstimme und eine feste Hand packte ihn am Hals. Seine Tasche und der Dietrich glitten ihm aus den Fingern. Drei gegen zwei. Und ohne Tasche. Zwei von ihnen waren derweil schon damit beschäftig, seinen Freund zu fesseln. Nun war es aus. Ein kleiner Gnom ohne seine Tasche gegen drei ausgewachsene Menschen war ähnlich aussichtslos wie der Kampf zwischen Regentropfen und Fensterglas, oder schwacher Mondstrahlen gegen riesige Wolkenberge... |
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Einsendung von: Blinding Agony | |
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